Raufutter - Heu, Heulage, Silage und Stroh

Inhaltsverzeichnis

Das Grundfutter des Pferdes ist das Raufutter, also Heu oder Heulage/Silage und Stroh sowie Gras während der Vegetationsperiode. Nicht das Kraftfutter. Dies wird leider immer wieder verkannt und so erhält manches Pferd eine Kraftfuttermenge, die im Bereich der empfohlenen Grundfuttermenge liegt.

Welches Raufutter zur Hautversorgung des Pferdes gewählt wird, hängt meist von den Jahreszeiten (Heu oder Gras) sowie von den Beschaffungsmöglichkeiten (Heu/Heulage oder Silage) ab. Die Gewinnung von Heu ist aufwendiger und stärker abhängig von einer guten Witterung. Die Konservierung von Grünfutter durch Silierung ist weniger arbeitsaufwendig und zudem nicht so stark witterungsabhängig. Problematisch kann jedoch die Hygiene bei Silage und Heulage sein, wenn diese nicht zügig verbraucht wird und es daher zu Nachgärungen kommt. Silage und Heulage ist daher nur für größere Betriebe geeignet und die Silage muss nach Anbruch innerhalb von wenigen Tagen verbraucht werden. Silage und Heulage sollte nicht verfüttert werden, wenn der Geruch heftig-stockige Nuancen, heftig alkoholisch, leicht schimmelig oder sogar faulig ist. Ebenso sollte die Silage bei leichter bis deutlicher Erwärmung (infolge Nachgärung), leichtem bis starkem Strukturverlust (schimmlige Beläge) sowie weiß-grau-grünlich-schwärzlicher Farbe nicht mehr verfüttert werden.

Generell ist es wichtig auf eine gute Futterqualität des Raufutters zu achten, denn Keimbelastungen können zu gesundheitlichen Schäden führen, welche nachfolgend aufgeführt sind:

 

Schädigende Mikroorganismen

 

Schadwirkung

Bakterien

Verdauungsstörungen, Durchfall, Leberschäden, nervöse Störungen

 

Schimmelpilze

Ansiedlungen im Atmungs-/Verdauungstrakt (Mykosen).

Durch Inhalation Atemwegsbeschwerden und Allergien

 

Hefen

Aufgasungen im Verdauungskanal, Magenrupturen, Koliken

 

Milben

 

Verdauungsstörungen, Lähmungen, Allergien

 

Hygienisch gutes Raufutter sollte also den Hautbestandteil der Futterration ausmachen. Dieses ergibt sich aus der natürlichen Entwicklungsgeschichte des Pferdes, das sich aufgrund der natürlichen Gegebenheiten über viele Jahrtausende hinaus hauptsächlich von kargen Gräsern ernährt und einen entsprechenden Verdauungstrakt entwickelt hat.

 

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass eine ausreichende Fütterung mit Raufutter auch für die Zahngesundheit von entscheidender Bedeutung ist. Beim Verzehr von Gras und anderem langfasrigem Material formt das Pferd aus den aufgenommenen Bissen kleine Ballen. Diese werden zwischen die geöffneten Zahnreihen geschoben. Beim Zerkauen dieser Ballen wird die gesamte Kaufläche von Ober- und Unterkieferbackenzähnen genutzt und ein physiologischer Abrieb ermöglicht. Das Zerkauen von Kraftfutter und stark zerkleinertem Futter erfordert ein rasches senkrechtes Fixieren der im Vergleich zu den Ballen kleinen Partikel zwischen Ober- und Unterkieferbackenzähnen. Die Backenzähne des Unterkiefers können daher - anders als bei den Raufutterballen - nicht weit seitlich verschoben werden. Dadurch kommt es nicht zu dem notwendigen, gleichmäßigen Abrieb an den Backenzähnen.

 

Ein weiterer wichtiger Punkt, weshalb eine ausreichende Menge an Raufutter für die Gesunderhaltung des Pferdes essentiell ist, zeigt uns der empfindlichen Magen-Darm-Trakt des Pferdes. Der Magen weist beim Pferd nur ein Verdauungsvolumens von ca. 10 % auf und ist somit sehr klein, wodurch das Futter nur relativ kurze Zeit im Magen verbleibt. Da das Pferd unter natürlichen Bedingungen ein Dauerfresser ist, also ca. 18 h  am Tag mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt ist, während es sich langsam fortbewegt, bleibt der Magen somit aber nie leer. Aus diesem Grund wird auch rund um die Uhr Magensäure produziert. Im Inneren ist der Pferdemagen sozusagen zweigeteilt. Im vorderen Teil besteht die Schleimhaut nicht aus Drüsengewebe, sondern hier findet eine geringe mikrobielle Umsetzung leicht verdaulicher Kohlendhydrate wie Einfachzucker und Stärke, sowie zum Teil auch von Eiweiß statt. Als Abfallprodukte entstehen Milchsäure sowie kleinere Mengen an Butter- und Essigsäure, die den Magensaft weiter ansäuern sowie Gase, Ammoniak u.a.. Im hinteren Teil findet man in die Schleimhaut eingelagerten Drüsen vor. In der vorderen Drüsenzone (Fundusgebiet) dieses Bereiches wird Magensaft gebildet, der das eiweißspaltende Enzym Pepsin sowie Salzsäure enthält. Außerdem wird hier das Hormon Gastrin in den Blutkreislauf abgegeben, welches die Produktion von Magensäure und anderen Verdauungssäften anregt. Der pH-Wert des Nahrungsbreis wird also während seines Ganges durch den Magen von 5-6 auf unter 3 abgesenkt in Abhängigkeit vom Anteil der Kraftfuttermengen. Im hinteren, sauren Bereich ist der Magen zum Schutz vor einer Selbstverdauung durch eine dicke Schleimschicht an der inneren Magenwand geschützt. Wie lange der Nahrungsbrei im Magen verweilt wird hauptsächlich durch zwei Faktoren bestimmt: Zum einen das Verhältnis löslicher Kohlenhydrate wie Zucker und Stärke zu unlöslichen Kohlenhydraten wie Zellulose und Lignin (Raufutter!). Je höher der Anteil unlöslicher Kohlenhydrate, desto schneller die Magenpassage. Zum anderen spielt die Größe der Partikel, v.a. der unlöslichen Kohlenhydrate eine Rolle. Ab einer Größe von 2mm verlangsamen die unlöslichen Kohlenhydrate nämlich die Verdauung. Deshalb ist es wichtig, dass die Pferde lange und gründlich kauen, welches nur möglich ist, wenn eine ausreichende Raufuttermenge bereit gestellt wird.


Wenn das Futter nicht ausreichend eingespeichelt wurde, kann die Magensäure den Nahrungsbrei nur unvollständig durchdringen, sie wird also sozusagen nicht in dem Maße verbraucht, in dem sie produziert wurde und die überschüssige Magensäure kann somit Schäden im Magen verursachen. Außerdem können hierdurch Keime, die sich im Nahrungsbrei befinden in den weiteren Verdauungstrakt gelangen, weil die Magensäure sie nicht erreicht und abgetötet hat und dort die natürliche Bakterienpopulation im Darm stören.

 

Zum Vergleich:

➜ bei 1 kg Raufutter (in ca. 40 Min.) sind werden  ca. 5 l Speichel gebildet

➜ beim Kauen von 1 kg (in 10 Min.) Kraftfutter wird ca. 1 l Speichel produziert

 

Das heißt Raufutter ist essentiell für die Beschäftigung, einen gesunden Magen und eine gesunde Verdauung, denn auch die Darmflora in Blind- und Dickdarm lebt von Cellulose und Pektinen, also Rohfaser.

 

Um eine ausreichende Raufuttermenge zu gewährleisten, sollte das Pferd täglich mindestens 1,5 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht bekommen. Dies bedeutet für ein Großpferd ca. 7,5 - 9 kg Heu am Tag.


Unphysiologisch - Zu lange Fresspausen: Die Fresspause sollte idealerweise höchstens 4 bis 6 h lang sein, denn ein Pferd ist unter natürlichen Bedingungen mind. 16 h damit beschäftigt Futter aufzunehmen. Der Pferdemagen produziert rund um die Uhr Magensäure, da das Pferd in der Wildnis kontinuierlich rohfaserreiches Futter aufnimmt. Dieses Futter muss sehr gut gekaut werden, was dazu führt, dass viel Speichel produziert wird. Dadurch wird eine ständige und gute Pufferung der Magensäure mit Bikarbonat gewährleistet.

 

Vor der Krippenfuttergabe Heu füttern: um ausreichende Speichelmengen und einen physiologischen pH-Wert sicherzustellen und somit eine optimale Verwertung der Nährstoffe zu garantieren, bitte zuerst Raufutter und dann Krippenfutter (Getreide, Müslis etc,) füttern. Damit die Kraftfuttermengen pro Mahlzeit nicht zu hoch werden, bitte Kraftfutter auf mind. 2 - 3 Mahlzeiten pro Tag verteilen, da es ansonsten zu ernsthaften Verdauungsstörungen und schweren Koliken kommen kann.

 

Merke: Bekommt ein Pferd Krippenfuttermengen bis zu 4 kg am Tag, so muss dieses auf mind. 2 bis 3 Mahlzeiten pro Tag aufgeteilt werden. Bei Krippenfuttermengen von über 4 kg am Tag ist eine Aufteilung von mind. 3 bis 4 Mahlzeiten pro Tag notwendig.

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